Medienmitteilung des Vereins «Starke Volksschule Zürich» vom 20.11.2019
Unter diesem Titel lud der Verein «Starke Volksschule Zürich» am 19. November zu einem Vortragsabend mit Diskussion im Pfarreizentrum Liebfrauen ein, und der Zustrom von Eltern, Lehrern, Politikern, Schulpflegern und anderen Interessierten war gross.
Gebannt lauschten die rund fünfzig Teilnehmer dem anrührenden Plädoyer des bekannten Pädagogen Carl Bossard für einen vom Lehrer geführten Unterricht, für die Beziehung zwischen Lehrerin und Schülern, die im Zentrum des Lerngeschehens stehen muss, damit die Kinder das mitnehmen dürfen aus ihrer Schulzeit, was sie für ihr Leben benötigen. Als «Lehrer mit Leib und Leidenschaft» bezeichnet sich Dr. phil. Carl Bossard, früherer Rektor der Kantonalen Mittelschule Nidwalden, Direktor der Kantonsschule Luzern und Gründungsrektor der Pädagogischen Hochschule Zug.
Carl Bossard erinnerte zunächst an die Irrwege der Pädagogik in neuerer Zeit. Mit den 68ern sei zwar die «alte Autorität» weggebrochen, zugleich aber auch die unerlässliche Autorität des Pädagogen als Persönlichkeit, die Traditionen, die Werte. In den letzten zwei, drei Jahrzehnten wurde uns dann die Ökonomisierung der Schule durch die OECD aufgedrängt und durch schulferne Strategen in unserer Bildungsverwaltung aufgenommen und umgesetzt. Heute steuern die Bildungsbehörden die Schulleitungen, diese ihre Lehrerschaft.
Dass die aktuelle Ausbildung der Lehrer an den PHs zu Lernbegleitern von Kindern, die ihr Lernen in Einzelkojen selbst organisieren müssen, dem pädagogischen Auftrag in keiner Weise gerecht wird, malte Carl Bossard mit Worten und Farbstiften anschaulich aus. Kinder und Jugendliche brauchen ein menschliches Gegenüber, eine Lehrerpersönlichkeit, die ihnen Verständnis entgegenbringt und gleichzeitig ihre Klasse konsequent führt, eine «Autorität» eben. Auf dieser Grundlage zeigt die Lehrerin ihren Schülern die Welt, führt sie hin zum Lernen. Die empirische Forschung von John Hattie und anderen hat ergeben: Zentral für den Lernerfolg der Schülerinnen sind die Lehrer und ihr Unterricht, und, so Carl Bossard, «ihre spürbare Beziehung zu den Kindern.» Kinder und Jugendliche brauchen klare Ziele, einen strukturierten Unterrichtsaufbau, ausreichende Übungsphasen sowie eine regelmässige und konstruktive Rückmeldung. Sie wollen gesehen werden und spüren, dass sie und ihr Lernerfolg der Lehrerin wichtig sind, dass diese ihnen noch viel mehr zutraut.
Ohne die Beherzigung dieser Grundlagen bleiben die Lehr- und Methodenfreiheit der Lehrerinnen und Lehrer auf der Strecke. Auf der Strecke bleibt aber auch das Kind: «Jedes Kind hat nur eine Lernbiografie!» Diese Mahnung des Referenten ist gleichsam eine Hausaufgabe für jeden von uns, an die Bildungsverantwortlichen im Kanton und in der Gemeinde heranzutreten. Zum Beispiel mit der Forderung nach Kleinklassen, damit alle Kinder adäquat gefördert werden können.
Spannend und anregend war auch die anschliessende Diskussion. An jedem Beitrag konnte man spüren, dass die eindringlichen Worte des passionierten Pädagogen Carl Bossard die Zuhörer erreicht hatten.
Marianne Wüthrich